Die Lage im Osten Europas ist instabil. Qualitative Informationen zu sozial, politisch und wirtschaftlich relevanten Entwicklungen sind kaum vorhanden. Was bedeuten die aktuellen Krisenherde und das Gewaltpotenzial für Europa und die Schweiz? Fachwissen wird dringend benötigt.
Forschungskompetenzen zu Osteuropa wurden in den letzten Jahren europaweit kontinuierlich abgebaut. Folglich sind Fachleute mit fundierten Kenntnissen des osteuropäischen Grossraums selten geworden. Die Forschung ist allerdings unerlässlich, um einen umfassenden Überblick über geopolitische Entwicklungen in Osteuropa zu erhalten und um Sicherheit für die Schweiz und Europa zu gewährleisten. Eine neue Professur für Moderne Osteuropastudien an der Universität Zürich (UZH) soll diese Lücke jetzt schliessen.
Der aktuelle russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat den hohen Bedarf an Fachexpertise erneut deutlich gemacht. Auch die Schweiz ist durch international gehandelte Güter wie Rohstoffe oder Energie – aber auch durch Migration – direkt von Konflikten und Krisen in der osteuropäischen Nachbarschaft betroffen. Die UZH will gegenüber der Öffentlichkeit Verantwortung übernehmen und mit Fachwissen zu Osteuropa beratend zur Seite stehen.
«Für die Gestaltung der Schweizer Sicherheitspolitik ist es wichtig, dass die Entwicklungen in Osteuropa aus einer wissenschaftlichen Optik beobachtet und analysiert werden, um sie sachgerecht interpretieren und einordnen zu können.»
Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik, Botschafterin Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
Mit der Gründung eines neuen Osteuropainstituts hat die UZH die Dringlichkeit einer Stärkung der Osteuropakompetenz signalisiert und die Möglichkeit geschaffen, diese Kompetenzen auszuweiten und zu bündeln. Damit positioniert sich die UZH international als wichtige Akteurin für Fragen rund um Osteuropa. Um nun entscheidende Schritte vorwärtszugehen, ist die Einrichtung einer Professur für Moderne Osteuropastudien zentral. Sie soll als eine der tragenden Säulen des Instituts zukünftige Fachleute ausbilden und ein Ort des Austausches schaffen, auch für osteuropäische Studierende und Forschende. Gemeinsam können so Konzepte und Strategien für Politik und Gesellschaft entwickelt und implementiert werden.
Zu den Aufgaben der Professur gehört die Analyse zeitgenössischer, politischer, sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Entwicklungen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa sowie im Kaukasus und in den postsowjetischen Regionen Zentralasiens. Phänomene der Gegenwart werden in einen historischen Kontext gesetzt, um so ein besseres Verständnis ihrer globalen Auswirkungen zu erlangen. Einige Schwerpunkte haben sich bereits herauskristallisiert. Dazu gehören unter anderem politische Konflikte, Stabilität gesellschaftlicher Systeme oder die Energiepolitik. Durch interdisziplinäre Projekte werden die vielfältigen Themen von verschiedenen Seiten beleuchtet und diskutiert.
«Die Professur fokussiert auf Themen von grosser wissenschaft- licher und gesellschaftspolitischer Relevanz. Sie wird massgeblich dazu beitragen, wegweisende Forschung zu unterstützen und so die Osteuropakompetenz zu stärken, die für die global vernetzte Schweiz unverzichtbar ist.»
Prof. Dr. Andreas Wenger, Direktor Center for Security Studies, ETH Zürich
Die Professur wird ad personam etabliert und von Professor Jeronim Perović besetzt. Der Schweizer Historiker und Politikwissenschaftler ist Professor für osteuropäische Geschichte an der UZH und befasst sich in seinen Arbeiten mit gegenwartsbezogenen Fragestellungen zu Osteuropa aus interdisziplinärer Perspektive. Seine Forschung findet national sowie international viel Aufmerksamkeit und er wird regelmässig als Experte zu Diskussionen hinzugezogen. Mit seinem breiten und fundierten Fachwissen hat Perović eine grosse Strahlkraft und nimmt eine wichtige Position am neuen Osteuropainstitut ein. Damit ist er die ideale Person für diese neu geschaffene Professur.
Tages-Anzeiger Interviews:
Deutschlandfunk:
SRF:
punkt4info: